Unter Netting werden im Finanzsektor alle Methoden zur Verminderung von Zahlungs-, Fremdwährungs-, Kredit- oder Liquiditätsrisiken zwischen zwei Vertragsparteien innerhalb eines vertraglich vereinbarten Verrechnungsverfahrens (bilaterales Netting) oder mehreren Vertragsparteien innerhalb eines institutionalisierten Abrechnungssystems (multilaterales Netting) verstanden, die den Einsatz bilateraler oder multilateraler Verrechnungsalgorithmen zum Inhalt haben.
Im Bankenaufsichtsrecht wird Netting als Verringerung des Adressenausfallrisikos eines Kreditinstituts gegenüber einem Geschäftspartner durch Verrechnung zweier gegenläufiger Ansprüche aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder vertraglicher Verpflichtungen bezeichnet.
Voraussetzung ist also, dass zwei Vertragspartner dauerhaft Geschäfte miteinander abschließen und dabei gegenseitige aufrechenbare Leistungspflichten entstehen.
Intensive Geschäftsbeziehungen mit gegenseitigen monetären Leistungspflichten bestehen insbesondere im Bank- und Versicherungswesen. Hier werden Geld, Wertpapiere, Devisen oder Derivate gegen Geld oder sonstige Gegenleistung ausgetauscht. Dabei besteht für jeden der Partner („Kontrahenten“) das Risiko, dass der andere Teil bis zum beiderseitigen Erfüllungstag seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, während die eigene Verpflichtung bereits erfüllt wurde. In § 11 Abs. 3 SolvV ist von Adressenausfallrisiko die Rede, wobei eine lange Abwicklungsfrist vorliegt, wenn zwischen Geschäftsabschluss und Erfüllungszeitpunkt mehr als fünf Geschäftstage liegen. Je länger die Erfüllungstermine zeitlich dem Tag des Geschäftsabschlusses nachgelagert sind, umso höher ist dieses Risiko. Ein Vorleistungsrisiko entsteht, wenn Wertpapiere, Devisen oder Derivate bezahlt wurden, aber noch nicht geliefert worden sind oder umgekehrt (§ 14 Abs. 1 SolvV). Beide Varianten beinhalten letztlich eine Insolvenzgefahr, der jeder der Kontrahenten unterliegt (so genanntes „Herstatt-Risiko“). Diese Gefahr potenziert sich mit dem Volumen der gegenseitigen Transaktionen.
Kauft eine Bank beispielsweise Wertpapiere für 1 Million Euro von einer anderen Bank und hat den Kaufpreis sofort bezahlt, aber die andere Bank kann die Wertpapiere wegen eigener Insolvenz nicht mehr liefern, so hat die kaufende Bank eine Insolvenzforderung von 1 Million Euro, die sie ganz oder größtenteils nicht mehr zurückerhalten wird. Sie erleidet durch die Insolvenz ihres Kontrahenten einen Vermögensverlust. Hat nun aber der insolvente Kontrahent aus einem anderen Geschäft eine gleich hohe Gegenposition, und beide haben eine Nettingvereinbarung geschlossen, so werden diese Positionen mit der Folge aufgerechnet, dass beidseitig keine insolvenzbedingten Vermögensverluste entstehen.
Als Verrechnungsalgorithmus werden Verfahren bezeichnet, mit deren Hilfe das Aufrechnungsproblem effizient gelöst werden kann. Zwecks Vereinheitlichung des Vertragsinhalts haben die ISDA und andere Verbände Standardverträge entwickelt (z.B. die ISDA Master Agreements, den Deutschen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte, den Europäischer Rahmenvertrag), die als Netting-Vereinbarungen zwischen den Kontrahenten abgeschlossen werden und eine bestimmte Art des Netting zum Inhalt haben. Quelle: Wikipedia